Déjà-vu

Was wäre, wenn das gesamte Leben nichts anders als einem immer wieder auftretenden Déjà-vu gleichen würde? Eine Folge von Erinnerungstäuschungen, bei der man glaubt, ein bestimmtes Ereignis früher schon einmal erlebt, in der Vergangenheit in gleicher Weise schon einmal durchlebt zu haben?

Nicht alle Tage erzeugen dieses Gefühl. Das Gefühl der ewigen Wiederkehr, es stellt sich nicht permanent ein. Bei vielen meiner Bilder, da denke ich jedoch oft, ich hätte sie in der Vergangenheit schon einmal gezeichnet…

Es stimmt also: Es reicht nicht, Erinnerungen zu haben. Man muss auch wissen, wie man sie vergisst, und die Geduld aufbringen, ihre Rückkehr abzuwarten.

Ich erinnere mich zunächst nur „unscharf“ an diese Bilder, kann die Gefühle, die sie beim Anblick in mir auslösen, nicht genau zuordnen.

Aber alles kommt mir sehr bekannt vor. Und löst dieses Déjà-vu aus. Immer und immer wieder ist dem so… als würde ich etwas aufschreiben, indem ich es zeichne. Jedes Bild ein Satzzeichen oder das grafische Element einer modernen Notenschrift.

Für die Partitur all meiner Erinnerungen.

Selbstinszenierungen und Therapie

Es gibt die Geschichte von meinem Freund, der zu seiner Therapeutin Selbstportraits mitbringen sollte, damit sie diese analysieren könne. Mein Freund erklärte vehement und eidesstattlich, dass er überhaupt nicht zeichnen könne.

Allerdings habe er einen Freund, er meinte mich damit, der schon unzählige Selbstportraits in seinem Künstlerleben angefertigt hätte. Allesamt so expressiv, dass Besucher meines Ateliers fluchtartig den Raum verließen, wenn diese Portraits gezeigt würden.

„Ist das so?“ wollte die Therapeutin, sofort hellhörig geworden, von meinem Freund wissen. Und ob man diese Werke denn einmal sehen könne. Mein Freund rief am Computer der Therapeutin meine Webseite auf.

Zusammen studierten sie dann meine Selbstportrait, bevor sich die Therapeutin wieder meinem Freund zuwandte. Nicht ohne noch flugs zu attestieren: „Ihr Freund ist ja ein höchst interessanter Fall.“

Schade nur, dass ich bis dato noch nie in Erfahrung bringen konnte, was genau mich oder meine Selbstportraits so interessant macht.

 

(Wen es interessiert: Bei zwei der Collagen aus meinem Tagebuch benutzte ich u.a. Fotos von Pieter Hugo. Die Textpassagen entstammen allesamt dem Buch „Der Freud Komplex“ von Anthony D. Kauders.)