Selbst-Erlebtes als Rettungsboot

Sollte ich das Selbst-Erlebte als eine sogenannte Derealisation deuten? Was würde das bedeuten? Die Umwelt erschiene (laut Wikipedia-Experten) dann als Ganzes plötzlich unvertraut, auch wenn jedes Detail problemlos wiedererkannt und eingeordnet werden kann. Aber kann ich das denn je wirklich? Alles richtig einordnen? 

Eventuell sind meine Werke kleine Nachlässigkeiten? Von mir selber unbemerkt vor mich hin gestellt. Der Experte, wie stets mit einem weißen Laborkittel ummantelt, tritt just in diesem Moment aus der Kulisse nach vorne und doziert: „Sollten solche Wahrnehmungserlebnisse das Ausmaß einer Krankheit erreichen, werden die Integrität, das Einheitserleben und die klare Grenze zwischen Ich und Umwelt gestört.“

O, ich nehm das Gesagte gelassen hin, lege mir weitere Blätter aus und versuche aus ihnen mein Schicksal zu erfahren. Ich frage, soll ich mir aus den Papieren einen Sarg falten? Oder eher ein Rettungsboot?

Man kennt die Kunstwerke nicht…

…wenn man sie nur fertig sieht, man muß sie auch im Werden gekannt haben.

Ich sollte ihren Spuren nachgehen, Vorstudien und Entwürfe befragen; man sollte sich an solchen Dingen zurücktasten in einem ansonsten unergründlichen Labyrinth. Dieses Nachspüren stört niemals den reinen Genuß des ersten Anblicks, der allzu schnellen Meinung. Gleichwohl ist mir längst klar geworden, kein Werk offenbart sich wirklich auf den ersten Blick. Nicht einmal mir selber als Künstler.

Weiterhin frage ich mich, ob das Geheimnis des künstlerischen Schaffens sich tatsächlich in der Übertragung erschöpft. Sollte die Darstellung einer Idee das höchste Ziel der Kunst in der realen Welt sei? Anders formuliert: Warum muß eine Vision denn überhaupt Realität werden? Warum nicht ein Nebelbild zum Tanz auffordern oder sich erfrischen, in dem ich mich in den taugetränkten Rasen lege und einen Engel hinterlasse?

Alles eine Frage der Ein- und Ausstellung

Mein zivilisiertes Ich hält sich für einen König / Am Hofe einer Königin / Am Fuße eines Narren / Es begehrt gegen das Licht der Sonne auf / Nur um zu erblinden / Das ewige Ich erschlägt den übergroßen / FATHER? / YES, SON? / Schläft mit der Mutter / I WANT TO F#@k YOU / Sticht sich (noch einmal) die Augen aus / Erblindet zum zweiten Mal / Dämmert dahin als ein Uraltes / Dass nichts mehr weiß / Oder nichts mehr wissen will / Und erlernt mit der Kunst eine Sprache / Die durch ein einziges Wort / Das Schloss an den Gittern seiner Zelle öffnet / Es ist ein Wort / Das einem Bild von mir gleicht…

Maßlos günstig

Mit Zeitungen, meinte mein schnauzbärtiger Freund Friedrich Nietzsche einmal zu mir, sollte man sich nicht einlassen. Das sehe ich indes völlig anders. Ohne meine Lokalzeitung hätte ich eventuell niemals erfahren, dass mein Name Detlef Buch lautet und ich nach der Lektüre meines eigenes Buches vielleicht eine ungefähre (!) Ahnung davon hätte, wie ich als Detlef Bach ticke. Also: ich liebe Zeitungen! Zeitungen sind das Rückgrat unserer Gesellschaft. Und ein Café ohne ausreichend viele Zeitungen, dies wäre kein Café für mich… ohne Rückgrat und Rückzugsort möchte ich nicht leben wollen.

KI steht für „Kitschige Intervention“

Bleistifte, Fotos, Ölfarben und Spucke. Ich benutze für meine Lebens-, also meine Künstlerwelt, schlichtweg alles. Also auch mal eine Prise KI. Aber wird das Bild dann nicht kitschig? So fragt die Kritik. Meine Antwort lautet: Nicht, wenn man nur soviel KI „zu Rate zieht“, wie man z.B. ein gutes Gericht mit Salz abschmeckt. Warum also nicht? Für mich stellt das eine lustige kitschige Intervention dar. Genau; salopp möchte ich es so formulieren: Kitsch und Salz, Gott erhalts.

Ansonsten bleibt meine Kunst gerne salzfrei. Oder salzarm. Unser Körper, vielleicht auch die Kunst, braucht sein Salz in der Suppe. Das wissen wir doch alle. Doch zu viel davon ist bekanntermaßen ungesund. Nimmt man kein zusätzliches Salz zu sich, vertraut einfach auf die Salzmengen, die eh in jedem Lebensmittel enthalten sind, dann stellen sich unsere Geschmacksrezeptoren so ein, dass kleinere Mengen von uns geschmeckt werden wie zuvor größere. Genau so sehe ich das auch beim Gebrauch einer KI. Unsere Geschmacksrezeptoren stellen sich darauf ein. Will sagen: Wenn man es nicht übertreibt, wird unser Geschmack und die Kunst es uns danken.

Und noch etwas: Salze wurden in der Lebensmittelindustrie immer schon eingesetzt, um frische aber leicht verderbliche Nahrungsmittel länger haltbar zu machen. Durch ein Verfahren wie Einsalzen, Pökeln oder heute nun durch das „Überarbeiten“ mit einer KI wird eine schlichte Arbeit von mir aus dem Jahr 1986… na, sagen wir, sie wird irgendwie in der Zeit konserviert. Wie Pökelsalz einem Schinken seine rosa Farbe erhält oder der beliebten Aufschnittwurst ihren schönen Anschnitt, so kann eine KI meiner Arbeit aus längst vergangener Zeit wieder Spass am Leben schenken. Das ist doch… herrlich… weil: