Kunst gegen den kapitalischen Menschenverstand (am Denkmal des unbekannten Künstlers)

Unser allerorts geliebter Kapitalismus produziert bekanntlich industriel massenhaft Dinge, die von Menschen mit geringem Einkommen (noch) gekauft werden können, wie z.B. das allerletzte Fußballtrikot zu einem „erträglichen“ Preis.

Exklusive Luxusprodukte werden dagegen oft individuell angefertigt und bei der Anfertigung werden sehr edle, teure Materialien verwendet, um den hohen Endpreis rechtfertigen zu können.

Tja, und dann gibt es noch mich. Jemand, der absolut individuell = künstlerisch mit schäbigen Pappen, welligen Papieren und oder beschmierten Zeug hantiert, und wie ich es empfinde, damit äußerst interessante Bilder kreiert. Bei mir werden selbst Lumpen scharlachrot.

Ich schaffe Bilder, die so aussehen, als hätte jemand darauf geschlafen und sich mehr als nur einfach vergnügt. Diese müsste ich eigentlich in einem sehr edlen Ambiente zur Geltung bringen. Bilder, die dem Wahn der Oberflächlichkeit gerne Hohn sprechen mit: „Sei dir der Sterblichkeit bewusst“. Vor meinen Bilder bräuchte & sollte sich niemand vor Vernügen auf die selbstoptimierten Schenkel schlagen müssen. Nachdenklichkeit reicht völlig… dies wäre auch ein passender Sinnspruch am Denkmal des unbekannten Künstlers. Oder – jetzt – auf meinem BLOG hier.

verrückte zeiten wenden

Große Logiker haben bewiesen, dass Zeitreisen möglich sind. Je weiter in die Zukunft oder die Vergangenheit die Reise gehen soll, umso größer sei jedoch ein Umweg an den Rand des Raums, der letztlich so gekippt wird, das die Reise in Zukunft oder Vergangenheit möglich ist. Ein entscheidendes Manko bei solch einem Unterfangen sei jedoch der unglaublich gigantische Energieaufwand, der für dieses Projekt benötigt würde. Für ein vergleichbares Umkippen benötige ich dagegen nur Schere, Klebstoff und genug Fotomaterial banalster oder heiligster Erinnerungen…

Sprache und Kunst lassen mich eigentlich ständig umkippen. Und so wende und falte ich die Zeit, wie es mir beliebt; ich falle vom Rand der Raumzeit in einen Brunnen, der unendlich viele eigene Existenzen beherbergt, ich verliere mich in Wirbeln, die sich um die Dinge bilden und oder taste mich durch ein Labyrinth der Phantasie. Um nicht vollends verrückt zu werden, obwohl schon umgekippt, bedarf es im Alltag einer zuckerlockigen Sprache. Manchmal schützt diese vor jenem circe-artigen Zauber, der mich sehr leicht in ein Schwein verwandeln kann, das „Lolita“ liest, das nackte Frauen malt und Lavendelschwerter im Schoß der Erde schmiedet. Wenn das allerdings mal wieder so seien sollte, nicht weiter schlimm, dann ist das halt meine angenommene Realität: also Kunst.

Ist das ↑ logisch?

The Best of…

All die alten Gemälde auf den Gräbern / Gehen wie ein Ägypter / Walk like an Egyptian… pfeife ich leise vor mich hin, als mein Blick auf einige Bücher fällt, die auf meinem Schreibtisch liegen. Der Roman „Lolita“ von Vladimir Nabokov, als auch Gedichtbände von Gottfried Benn und Peter Rühmkorf, sie inspirieren mich zur Zeit.

Gottfried Benn hatte einst die Theorie aufgestellt, dass am Lebensende nur eine handvoll Gedichte von einem Dichter übrigbleiben, weil diese das besitzen, was ich selber bei meinen Bilder gerne „Stimmigkeit“ nennen möchte. Ein Kanon meiner z.B. fünfzig besten Bilder wäre von mir nicht leicht zusammen zu stellen. Denn wie bei einem Schachspiel, bei dem bereits nach zwei Zügen 72.084 verschiedene Stellungen entstehen können, sind nach ein zwei Farbspritzern oder Strichen auf einem Bild Millionen von Richtungen denkbar, in die ich gehen könnte. Wohin würde ich mich mit innerer Überzeugung wenden? Und ist das auch absolut stimmig? …

Was ist richtig, was ist falsch, was mag ich alles zeigen? „Das sieht man dann“, stelle ich immer wieder fest. Ich meine, wenn das abstrakte Muster mir nicht richtig erscheint, gehe ich einfach weiter… immer weiter meinen Weg. Oder aber – eine äußerst kühne Idee – ich klebe mir einfach direkt das Etikett „The Best“ ins Bild, dann bin ich mir sofort sicher, dass diesem Werk ein Platz in meinem Kanon gebührt… Niemand kann diesem Bild dann seinen Platz in der Kunst mehr verweigern.

Andererseits mag ich meinen Kanon ständig neu sortieren. Und das ist auch völlig in Ordnung. Ich mag das sehr. Also okay, mal abwarten und sehen, was ich am Ende als stimmig erachten werde. Heute sind es jene drei Bilder hier, die mir ans Herz gewachsen sind. So sehe ich das einfach…

(* Gedichtzeile von Peter Rühmkorf)

Mein Kunstspiel

Die Wirklichkeit, so erklären die Philosophen es uns, ist ein Fluss. Alles verändert sich. Ständig. In jedem Augenblick, in jeder Sekunde. „Ja, ja, das kennen wir schon“, räuspert man sich auf der nächstbesten Party, lehnt dabei lässig am Kamin. Auch das es in Wirklichkeit keinen einzigen Augenblick gibt, in dem sich diese ominöse Wirklichkeit einmal offenbare. „Es gibt kein Jetzt“, erklärt man mir süffisant lächelnd. Es gäbe nur ein Ganzes, was sich aus ständig wechselnden Gegensätzen zusammen setzt und das wir „Leben“ nennen. Ich verstehe: Leben ist nicht gleich Wirklichkeit. Und um „Zeit tot zu schlagen“ kann ich in meinem Leben zu einem Sprachspiel greifen. Laut Ludwig Wittgenstein ist dies ein arrangiertes, künstliches Spiel, das mit einer Menge von Ausdrücken gespielt wird. Wie z.B. Form, Komposition oder verschwärzet. Es handelt sich demnach um ein Kunstspiel, ein Spiel, dass keine wirkliche Funktion hat. O, dieses Spiel liebe ich…