Der Künstler und sein Frankenstein-Komplex

Der Roman „Frankenstein“ von Mary Shelley ist ein Spiel „aus Erzählstrukturen, Handlungsstrukturen, Motivverdopplungen und Wiederholungen, Parallelen und Kontrasten, Anspielungen und Andeutungen entwirrt und neu verknüpft… Die Erzählerfigur ist aufgelöst. Figuren und Handlungen sind mehrschichtig…“ Vieles darin ist verwoben mit „intermedialen Zitaten aus Malerei und bildender Kunst…“ Frankenstein sei ein „Set komplementärer Lesarten“, schreibt Ursula Liebertz-Grün in „Mary W. Shelleys Frankenstein: der neue Prometheus und ihre Familienbande“.

„Aus panischer Angst vor dem weiblichen Geschlecht, das heißt vor der eigenen Sterblichkeit, versucht (Frankenstein), dem tödlichen Lebenszyklus durch ungeschlechtliche Zeugung zu entkommen, indem er komplexe organische Zusammenhänge mechanisch reduziert. Er scheitert an der Vitalität des Eros. Das Monster verlangt eine Braut. Auch die Zerstückelung der halberschaffenen Monsterbraut… sind kein Ausweg.“ (s.o.)

Bei manchen Bilder von mir ist es, als ob ich selber in einen Spiegel blicken würde, der dann zu mir spricht…

Mein Antrag #Frühlings Erwachen

Jemand sagt, es träume sich gerade heute so schön korrekt von nichts anderem als Sandtorten und Aprikosengelee. Soll sein. Mir geht es jedoch stets um Verwandlungen. In meinen Träumen herrscht ein ständiges Frühlings Erwachen vor: Sexuelle Neugier, durchaus mit den Problemen psychischer Instabilität, und fortschrittliches Denken: „Jetzt bin ich wieder ganz munter, nur etwas aufgeregt“. All das durch Figuren, die mich zum Leben/Spielen verführen sollen. „Solche Gedanken, sie kommen mir so des Abends, wenn ich nicht einschlafe. Mir ist gar nicht traurig dabei, und ich weiß, daß ich dann um so besser schlafe. Ist es sündhaft über derlei zu sinnen?“ „Nein!“ verheißt der innere Laut, „geh und häng das Bußgewand in den Schrank!“ „Oja… nun ich die Stange erfaßt, werde ich mich auch hinaufschwingen. Dafür bürgt mir die unabänderliche Konsequenz, daß ich nicht stürze, ohne das Genick zu brechen…“

„Dies alles hier eine Kindertragödie von Königen und Königinnen ohne Kopf?“ „Wohl eher eine Kunst-Geschichte… eine positive Funktion der Unvollkommenheit… im Kopf.

Geliebte Irrfahrten

Kunst bedeutet nichts anderes als eine Irrfahrt durch die eigene Seele; Tage und Nächte verbringt man mit endlosen Spaziergängen durch Labyrinthe, nur um an einem fernen, neuen Erkenntnishorizont hoffentlich feinen, aufsteigenden Rauch erkennen zu können. Dies gilt es dann zu erkunden. Wie in einem fiebrigen Traum treffe ich dort vielleicht auf einen Komplex von Gebäuden, errichtet aus ziselierten Steinen. Eine liebreizende Frau bittet mich sicherlich freundlich in ihr Anwesen. Aber nur wenig später vermischt sie eine Speise mit seltsamen Kräutern, die sie mir mit einem äußerst gewinnenden Lächeln anbietet und verwandelt mich… in mir schägt nun ein neues Herz und sagt: „Jederzeit muß man in dieser Welt auf der Hut sein vor den Anschlägen irgendwelcher Götter, Dämonen und Zauberwesen, die einen nach Belieben in einen Bären,“ oder „in ein Schwein … verwandeln können und die die Macht haben, das Leben zu versteinern oder zu einer Karikatur seiner selbst zu erniedrigen.“ *1 

Oder auch: „Wie man immer genauer sieht / die Begierde … drückt ihre Formen in den Strom des Körpers ein / in den heißen Quellen der Haare / und der Spiegel“ *2

(*1 aus: Eugen Drewermann; Tiefenpsychologie und Exegese 1 / Die Wahrheit der Formen / Traum, Mythos, Märchen, Sage und Legende. // *2 Gedichtzeilen von Toyen)

… „ältere“ Bilder, nicht weniger wahr … „Überall sind Augen in Federknäueln und ein leises Pochen im Innern gesprenkelter Eier“ (noch einmal Toyen) … und diese gesprenkelten Eier beinhalten das, was wir Zeit nennen.

Seelen-Leasing

Sollte ich mich als Künstler beschreiben, meine guten siebzehn Körperteile, u.a. auch meine Seele, Seele fehlt natürlich auch nicht, weil: Seele ist total echt geil (F.W. Bernstein), dann würde ich meine Seele mit einer Silhouette im Hintergrund meines Künstler-Selbst vergleichen. Wie die Silhouette eines Unbekannten auf einem weltberühmten Gemälde, dass man im Museo del Prado in Madrid studieren darf, böte ich Beobachter*innen gerne mein Profil an.

Ich stände einfach nur da, mit einer Hand drückte ich, so könnte man es herrlich philosophisch verklausolieren, das Gewicht eines Vorhangs zur Seite. Meine Füße würden auf zwei verschiedenen Stufen ruhen, ein Knie wäre gebeugt. Man könnte sich fragen, ob ich den vor mir liegenden Raum je betreten werde oder beobachte ich bloß? Studiere ich lustvoll, was sich im Inneren abspielt? Höchtwahrscheinlich wäre ich damit zufrieden. Ich beobachte, ohne selber beobachtet zu werden, einem Voyeur gleich. Mag sein, dass ich das Zimmer, in dem (so will ich es wahrlich gerne sehen) Personen vereint sind, zuvor umgangen habe. Wäre durch unzählige Korridore meiner selbst dorthin geeilt. Vielleicht trat ich auch einmal selber in den Vordergrund. Mag alles sein. Nun aber ziehe ich mich scheinbar lieber zurück? Und befinde mich an der Schwelle zwischen zwei Räumen, dem Inneren und dem Äußeren, ich wähne mich genau dazwischen. In einer Balancestellung. In einer dunklen, melancholischen Realität, im Rahmen einer Tür (oder eines Bildes) manifestiert. Das bin ich… eine Silhouette „weich wie ´n King Kong von Steiff / Gegen den mondhellen Hinterhof“ gestellt … „Schließen wir doch unseren schäbigen kleinen / Individualfrieden mit der Welt / (Du & ich, Baby! Was juckt uns das alles?) / Zwei Menschen … / Greifen nach den Sternen…“ * sage ich zu mir selbst, zufrieden mit der Kunst der Selbstreflexion. (Meinen Leasingvertrag über solch eine Seelen-Laufzeit habe ich übrigens für zwei bis vier Jahre geschlossen. An deren Ende überlege ich mir dann, ob ich diese Seele wieder zurückgebe und mich neu definiere. Es gibt schließlich noch andere Bilder, die mir gut zu Gesicht stehen.)

(* liebevoll zitiert aus: Uli Becker; Perry Rhodan hatte doch Recht)

Bizarrerien

… Kunst ist für mich eine liebgewonnene Konfusion eigener, wie auch fremdartiger Gefühle. Bizarrerien. Annulierte Beichten. Ein Berauschen an Silben und Formen. Bibeltexte auf Seiten aus Esspapier. Stumme Lieder, Blumen vergleichbar, die jemand über mein Leben streut. Aufgeblüht durch die Kraft des Absurden. Mit einer Seltsamkeit als auffälligste Charaktereigenschaft. „Mysterien erfunden, um uns von der eigenen Wirklichkeit abzulenken.“ (Charles Berthonzoz)