Mein Werk: ein Monster der Eigenwilligkeit.

& noch einmal… was ist ein Werk? Eine Brise, die aus Regio­nen kommt, in die das eigene Ich vorstoßen wird; sie gibt einen Vorgeschmack auf eisige Gefilde. Von diesem vielversprechenden Wind inspiriert, werden Tagträume ungestümer und leb­hafter. Das Werk: ein Land, dessen Wunder und Schönheiten alle Gegenden über­treffen. Was darf man nicht alles von einem Land erwarten, in dem das Licht nie erlischt? (So oder ähnlich würde meine Freundin Mary Shelley wohl die Frage von Niklas Luhmann beantworten.)

Ich tagträume indes einfach weiter und weiter…

Mein seliger Geschmack von Löwenhonig

Und es scheint, als sei Samson nicht mehr ein riesiger Berg Muskeln, der immer weiter wächst, bis er eine Art Eisentor geworden ist, ähnlich den „Toren der Stadt“, dazu bestimmt, einen inneren, verletzlichen Kern zu schützen oder, im Gegenteil, das Ausbrechen des Kerns, der unbedingt entdeckt und erlöst werden will, zu verhindern,

Wie kann ein Mensch erlöst werden? Welcher ist der natürlichste, der einfachste Weg, das innere Eisentor einen Spalt weit zu öffnen und etwas Luft hereinzulassen, so dass jener verletzliche Kern atmen und sich entfalten kann?

„… gewann er ein Mädchen lieb.“ Vielleicht liegt in diesen Worten der kleine Rest mutigen, menschlichen und zugleich aussichtslosen Aufbegehrens Samson gegen den brutalen Missbrauch, den Gott mit ihm trieb.

(Zitiert aus „Löwenhonig“ von David Grossman. Von mir immer und immer wieder gelesen… diese Rehabilitierung eines Opfers gegen die Macht seines Gottes.)

„Wer bist du?“ – „Ein Bild voller Wortblüten.“

Gerne blinzeln meine Bilder den Worten zu. Sie wollen zeigen, dass sie an die Worte glauben; meine Bilder machen die Worte stark.

Damit sie zu sich selber finden, wenden die Worte sich selber zu. Zwischen ihren Zeilen, in den geschlossenen, wie auch offenen Punzen der Buchstaben blitzt und glimmt es auf… Genau dort wird die Idee zu einem neuen Bild geboren.

Selbstbetrachtung von Leben und Fruchtbarkeit, Kunst, Blut und Tod.

Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der/die/das Schönste im ganzen Land?

Ein Kind zwischen dem sechsten und 18. Lebensmonat begreift plötzlich, dass das Gegenüber im Spiegelbild nicht ein anderer ist, sondern es selbst. Bis zu dem Tag, an dem vielleicht nicht nur das eigene Spiegelbild die Selbstwahrnehmung steuert, sondern zugleich eine Jury und Millionen von Zuschauern bei einer Castingshow im Fernsehen. Erfahrungen, die im Tele-Visionserleben nur auf einen kurzen Augenblick komprimiert sind, können im „normalen“ Leben viele Jahre der Reifung in Anspruch nehmen, innerhalb deren eine bestimmte innere Gestalt nach und nach erst an Kontur gewinnt.

Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist.

Worte werden zu Bildern. Sie wurden es immer schon. Von Anbeginn der Zeit. Bilder mögen in den Schoß und den Schutz der Worte zurückkehren wollen, aber sie bleiben von ihnen getrennt. Die Bilder, sie bilden indes eine andere Sprache aus, neue Worte, andere Worte; Worte, die auf dem Ereignishorizont entlang balancieren können, allesamt Seiltänzer-Worte. Aus dem Bild selber ist kein Wort zu vernehmen, zu entnehmen, nur an ihrem Rand hört man die Worte flüstern, tuscheln, rätseln. Vor der Oberfläche des Bildes bleiben sie stehen und verstummen aus Liebe.

 

Sinnbild weiblicher Macht

„Befürchtest du Gefahr von mir? – Warum? / Macht denn ein Küßchen deine Lippen schlechter? / Sprich, doch sprich sanft, sonst bleibe lieber stumm. / Gieb mir ’nen Kuß, ich will ihn wiedergeben, / Und einen zweiten noch als Zins daneben… Well, I’m your Venus / I’m your fire / At your desire …“

Mineralien meiner Herzensfreude

Ein Mineral ist ein einzelnes Element oder eine einzelne chemische Verbindung, die im Allgemeinen kristallin und durch geologische Prozesse gebildet worden ist. Im Allgemeinen, wohlgemerkt. Im Besonderen werden die Mineralien, die, an die ich glaube, die ich hinter den Spiegeln in besonderen Abbaukammern finde, ausschließlich durch künstlerische Prozesse geformt.

 

Komm auf die Schaukel

Komm auf die Schaukel / Es ist ein großes Plaisir. / Du fühlst dich im Paradiese / Und zahlst nur ne’n Groschen dafür…   Was will man mehr?

Eine Schaukel ist bekanntlich ein launiger Hängesitz, mit dem man hin- und her schaukeln kann. Schaukeln stehen häufig auf Kinderspielplätzen oder (wie hier) in einem Lustgarten. Das Schwungholen erfolgt meist durch Streck- und Beugebewegungen mit den Armen und Beinen oder durch Abstoßen von einem festen Punkt. Es gibt Schaukeln für Kinder, als auch für Erwachsene. Wie zum Beispiel für Jean-Honoré Fragonard, einem französischen Maler, Zeichner und Radierer des Rokoko. O, er liebte das Schaukeln. Auf den ersten Blick scheint die Schaukel von Fragonard ja ein recht einfaches Bild zu sein. Doch dann wird klar, dass das Bild auch anders gemeint seien könnte. Denn während die Dame auf der Schaukel immer höher und höher „reitet“, lässt sie ihren Bewunderer ihr Kleid sehen – und sein Blick könnte so am Ende auch zwischen ihre Beine gleiten. „Was bin ich heute wieder für ein Schelm!“, würde der Künstler Fragonard sicherlich dazu gesagt haben. Aber die ‚subversiven Elemente’ Fragonards werden in heutiger Zeit geschickt gesellschaftlich integriert. Die ‚Widerspenstigen’ werden ‚gezähmt’ und die subversive Kraft ihrer Werke gebändigt. Auch könnte die These aufgestellt werden, dass die moderne, kapitalistisch ausgerichtete Demokratie ihrerseits Subversion gegen subversive Kunst betreibt. Tja, denke ich, schaukel ich halt weiter friedlich durch die Kunstgeschichte, um mein Bedürfnis nach selbstgenügsamer Erregung zu stillen.

Übrigens – Meine Frau und ich, wir lieben dieses gemeinsame Schaukeln des Lebens… Wir sagen uns ständig ins Ohr: ich schaukel dich her und hin und zeig dir nachher auf der Wiese, wie gut ich dir bin.

Obszöne Abstraktion

Was könnte ich nicht alles zu und über dieses Bild sagen? Sein Schoß ist wie ein runder Becher, dem nimmer Getränk mangelt. Sein Papierleib ist wie ein Weizenhaufen, umsteckt mit Rosen. Seine beiden Brüste sind wie junge Zwillinge von Gazellen, die unter den Lilien weiden. Oder ganz anders formuliert: Man mag das Problem des Erotischen anfassen wo man will, stets behält man die Empfindung, es höchst einseitig getan zu haben. Am allermeisten aber wohl dann, wenn es mit Mitteln der Logik versucht wurde: also von seiner Außenseite her. So beschreibt es jedenfalls Lou Andreas-Salomé. Und ich stimme ihr sehr gerne zu.