Einfach nur Kunst

Warum war ich sechs oder mehr Wochen weggesperrt? Was war mein Vergehen?

Ich kann mich nicht mehr daran erinnern. Ich ging normal meines Weges, saß in einem Eis-Café, schrieb Tagebuch, ging ins Atelier, malte, zeichnete. Und dann war das alles auf einmal vorbei. Alles wurde anders. Kontaktsperre. Isolation. Warum darf ich jetzt so plötzlich wieder raus? Einen Tag vor meinem 57 Geburtstag. Ein neuer Geburtstag, eine neue Geburt? Ist es das? Genug gebüsst? Eine Regenwolke wurde unlängst zu 150 Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie einen Schatten auf eine herrschsüchtige, narzisstische Legende warf. Diese feuert aus allen Rohren gegen die angeblichen Lügen der Regenwolke. Die Regenwolke, geifert die selbsternannte Legende, würde seine selbsternannten Erfolge nicht ausreichend würdigen. Die Legende lebe schließlich nur im eitlen Sonnenschein. Ach – sieh doch – die Regenwolke zieht schmunzelnd weiter von Gipfel zu Gipfel. Und die Troubadoure singen wieder ihre Lieder: Unter einem Schwall von bunten Röcken, da liegt ein Paradies verborgen. Ich hebe diese Stoffe auf… Die Zeichnungen… ich krieche darunter… Die Leinwände… ich decke mich mit ihnen zu… All diese Bilder…das Leben findest darin zum Leben zurück. Genauso wie ich. Kind, sag, wer bin ich? Wer keinen Erfolg hat, habe ich mal gelesen, sei nicht wirklich attraktiv? Dann sind wir beide wohl auf alle Ewigkeit zur Hässlichkeit verbannt. Und ich kann uns die Schönheit nur durch meine analoge und „hingerotzte“ Kunst zurückgewinnen.

„Dorthin will ich zurückkehren“, sagte ich meinem Gegenüber. Es lächelt sein verständnisvolles Lächeln. „Wäre es bloß so einfach“, argwöhnte jedoch der Auf-Schließer zum heutigen Tag.

„Glaub mir, mein Freund, es ist so einfach. Ganz einfach. Denn wir könnten am Ende…  das alles hier… einfach nur KUNST nennen.“

Phase 2

Vom schnellen Ende der Corona-Krise können wir nur träumen – sagt die Wissenschaftlerin Mai Thi Nguyen-Kim. Geht es nach der Chemikerin, fängt die Pandemie gerade erst so richtig an. Die WDR-Moderatorin (Quarks & Co.) erklärt, dass die Corona-Krise erst ein Ende haben kann, wenn „Herdenimmunität“ herrscht. Das bedeutet: dass genügend Menschen immun gegen das Coronavirus sind, damit der Ausbruch aufhört. Um Herdenimmunität zu erreichen, müssten sich 60-70 Prozent der Bevölkerung mit dem Virus infizieren und wieder erholen. In Deutschland wären das zwischen 48 und 56 Millionen Menschen. Mit anderen Worten: Für das Jahr 2020 brauchen wir uns keine großen Pläne mehr machen, so Mai Thi Nguyen-Kim.

Aber wenn wir mit System, den richtigen Maßnahmen und Vorsicht weiterleben, dann können wir in einem „aushaltbaren“ Zustand verweilen – bis endlich ein Impfstoff gefunden ist. (Quelle: Orange by Handelsblatt- online, 8. April 2020) Der Übergang zu Phase drei verläuft laut ntv fließend. Diejenigen, die sehr schwer erkranken, gelangen in Phase drei an einen Scheideweg.

„Jetzt weiß ich, wie einer Ratte in der Falle zumute ist. Ratten in einem Irrgarten. Das sieht beinahe aus wie ein kontrolliertes Experiment, in welchem wir die Versuchstiere sind. Um herauszufinden, welche Ratte die bessere und klügere ist. Ein Intelligenztest…“ (Zitat aus dem Film „Phase IV“  von Saul Bass)

Wenn Corona ein Herz hätte

In Kalk, noch ungelöscht, in Eisenbrei, / in Salz, Salpeter, Phosphorgluten, / in dem Urin von rossigen Eselsstuten, / in Schlangengift und in Altweiberspei, / in Rattenschiß und Wasser aus den Badewannen, / in einem Saft von Krötenbauch und Drachenblut, / in Wolfsmilch und dem sauren Rest der Rotweinkannen, / in Ochsengalle und Latrinenflut: / In diesem Saft soll man Corona schmoren. / In eines Katers Hirn, der nicht mehr fischt, / im Geifer, der aus den Gebissen / der tollen Hunde träuft, mit Affenpiß vermischt, / in Stacheln, einem Igel ausgerissen, / im Regenfaß, drin schon die Würmer schwimmen, / krepierte Ratten und der grüne Schleim / von Pilzen, die des Nachts wie Feuer glimmen, / in Pferderotz und heißem Leim: / In diesem Saft soll man Corona schmoren. / In dem Gefäß, drin alles reingerät, / was so ein Medikus herausholt aus dem schwieren / Gedärm an Eiter und verpestetem Sekret, / in Salben, die sie in den Schlitz sich schmieren, / die Hurenmenschen, um sich kalt zu halten, / in all dem Schmodder, den die Lust / zurückläßt in den Spitzen und den Spalten / wer hätte nicht durch solchen Schiet hindurchgemußt!: / In diesem Saft soll man Corona schmoren.

(Nach François Villon, „Die Ballade von den Lästerzungen“)

Das Verhör

An das Virus gewendet: „ … es gelingt Ihnen manchmal mich zu ärgern, mich zu überraschen… sogar mich zu faszinieren, ja warum nicht? Aber solange der Gedanke nicht aus meinem Kopf raus ist, dass Sie Menschen umgebracht haben, haben Sie keine Chance mich zum Lachen zu bringen.“

Ich hake nach: “Also, wem soll ich nun glauben?“

Das Virus: „Denen…“

Corona ist doch ein irrer Spaß

Wenn Menschen das Gefühl haben, keine Kontrolle zu haben, suchen sie Strategien, um damit umzugehen. Eine Strategie ist, auch da Muster zu sehen, wo keine sind. Eine Verschwörungserzählung strukturiert die Welt. Das ließ sich schon bei Aids, Zika oder selbst der Spanischen Grippe beobachten. Bei einer Studie haben 50 Prozent der Deutschen gesagt, dass sie lieber ihren Gefühlen trauen als Experten. Das ist eine besorgniserregend hohe Zahl. Erklärt die Wissenschaftlerin Pia Lamberty. (Im „Der Tagesspiegel“ online vom 20.04.2020)

Experimente am offenen Virus (Die Taufe)

An Covid-19, der neuen Atemwegsinfektion durch das Coronavirus, leiden Menschen in der ganzen Welt. Unternehmen und Forschungsinstitute entwickeln jetzt Schutzimpfungen dagegen. Wie schnell mit Impfkampagnen begonnen werden kann, hängt jedoch nicht nur von der Geschwindigkeit von Entwicklung, Erprobung und Zulassung der Impfstoffe ab, sondern auch von den Produktionskapazitäten. Ziel muss sein, das Virus zu einer „Gewissensprüfung oder ein Hinabtauchen in die Tiefen seiner selbst“ zu zwingen. Das Virus muss unsere Führung anerkennen. Nur so kann es die Taufe von uns erhalten und erfahren.

„Die Führung besteht in der Abrichtung zum Gehorsam, verstanden als Verzicht auf den eigenen Willen durch Unterwerfung unter den Willen eines anderen.“ Und „diejenigen, welche im Begriffe stehen, die Taufe zu empfangen, müssen anhaltende Gebete verrichten, unter Fasten, Kniebeugungen und Nachtwachen beten und damit das Geständnis aller ihrer früheren Sünden verbinden, so daß sie auch die Taufe des Johannes darstellen.“ (Zitiert aus: „Die Geständnisse des Fleisches“ von Michel Foucault)

Sonett der Seele (Unser Herzstück)

Willensdrang von tausend Wesen / Wogt in uns vereint, verklärt: / Feuer loht und Rebe gärt / Und sie locken uns zum Bösen. / Tiergewalten, kampfbewährt, /  Herrengaben, auserlesen, / Eignen uns und wir verwesen / Einer Welt ererbten Wert. / Wenn wir unsrer Seele lauschen, / Hören wirs wie Eisen klirren, / Rätselhafte Quellen rauschen, / Stille Vögelflüge schwirren … / Und wir fühlen uns verwandt / Weltenkräften unerkannt.

(Hugo von Hofmannsthal)

Alle Zufälle stiften ein »Warum«.

Weitere Lockerungen der Corona-Kontaktsperre. Warum? Unser Alltagsleben wird schrittweise wieder hochgefahren. Ja, warum? Angesichts der bevorstehenden Lockerungen wird von Regierungsseite zur Vorsicht gemahnt. Denn das Virus ist keineswegs besiegt. Es ist der Natur schlechthin unmöglich, ein Wesen zu zerbrechen, zu schädigen oder irgend anzutasten, sofern sie nicht damit auf einen höheren Wert hinaus will. Sollte man mal drüber nachdenken. Meister Eckhart, ein deutscher Mystiker, hat das schon lange vor uns getan. Er schrieb auch: Dem ruhigen Geist ist alles möglich. Und so fühlte es sich für mich in den letzten Wochen auch an. Die Corona-Pandemie mit ihrer „Kontaktsperre zu meinem normalen Alltags-Ich“, ließ mich Zeitreisen zu meinen anderen Ichs aufnehmen. Ich reiste in die Vergangenheit, in die Zukunft oder zur Seite, hinter die Spiegel. Und überall vernahm ich: Die Leute sollten nicht immer soviel nachdenken, was sie tun sollten, sie sollen lieber nachdenken, was sie sein sollten. Das gefällt mir an der Jetzt-Zeit. Sie schenkt mir Einsichten. So hat sie mich mir selber etwas näher gebracht. Ich wünschte, das jeder von uns nicht zu schnell wieder blindlings raus- und herumläuft, dass wir lieber noch ein wenig bei uns bleiben und unserer Seele lauschen. So wie Meister Eckhart es tat: Alle Geburt meinet den Menschen.

Meister Eckhart wurde übrigens in seinen letzten Lebensjahren wegen Häresie (Irrlehre, Abweichung von der Rechtgläubigkeit) denunziert und angeklagt. Eckhart starb vor dem Abschluss des gegen ihn eingeleiteten Verfahrens. Warum wundert es mich nicht, dass solche Freidenker wie er stets mit der vorherrschenden Meinung in Konflikt geraten? Mit einer Obrigkeit, die glaubt, das Trinken von Desinfektionsmitteln helfe gegen das Corona-Virus?

I’m Only Sleeping

When I’m in the middle of a dream / Stay in bed, float up stream / Please, don’t wake me, no, don’t shake me / Leave me where I am, I’m only sleeping / Everybody seems to think I’m lazy / I don’t mind, I think they’re crazy…

(Dank an Winsor McCay und The Beatles)